Cinderella scheint grundsätzlich zwei Reaktionen auszulösen. Die erste und häufigste ist "Mutti, Mutti schau - ein Dalmatiner!" bei Kindern und ein geistreiches "Wo sind denn die anderen 100?" von den Eltern. Das ist der typische Disney-Effekt.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch gelegentlich Halter anderer Hunderassen deren Hunde unliebsame Erfahrungen mit Dalmis gemacht haben und welche nun denken, Dalmatiner seien bösartig und nicht ganz so vertrauenerweckend.

Beide Sichten haben vermutlich ihren wahren Kern. In einem sehr alten Buch über Dalmatiner - den Titel habe ich vergessen - war ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert (glaube ich mindestens) zu sehen. Pferde in Stallungen, ein Stallbursche am Boden sitzend mit einem Dalmatiner, welcher sich über seine Beine gelegt hatte. In einer Zeit in der es Hunden nicht gestattet war, das "Herrenhaus" zu betreten, hatten Dalmatiner bereits sehr tiefe Beziehungen mit den Menschen, welche sich um sie kümmerten.

Aber die eigentliche Daseinsberechtigung für Dalmatiner zu der Zeit ist vergleichbar mit Abfangjägern des zweiten Weltkriegs: wie Abfangjäger die Bomber, so mussten die Dalmatiner die Wagen begleiten und diese sowie vor allem das Gepäck vor möglichen Angriffen streunender Hunde und Gesindel (angreifende Jagdflugzeuge) verteidigen und hatten dafür zu sorgen, dass nichts die Pferde scheu machen konnte und diese hätte veranlassen können, durchzugehen.
Diese Rolle wurde mit der Zeit ausgedehnt auf Löschwagen der damaligen Feuerwehr, sogar als die Pferde später durch Motoren ersetzt wurden, konnten die Dalmatiner dank ihres loyalen Wesens und Beschützerinstinkts ihren Platz auf dem Löschfahrzeug - wenngleich wohl auch mehr als Maskottchen - behaupten.

Wie ihr vielleicht in der Galerie gesehen habt, ist Cinderella unglaublich zärtlich zu "ihren" Katzen und würde nie einen Streit anfangen. Doch in ihren Genen ist der Glaube, dass Sie der "Leibwächter" ist, stark verwurzelt. Trifft sie irgendwo einen Hund, den sie nicht mag, wird der hochmütig ignoriert. Wehe aber demjenigen, welcher uns zu nahe kommt und es wagt, sie schief anzusehen oder sonst einen suspekten Eindruck auf sie macht... Oder gar - wie es die kleinen Hunde (welche ja gerade sehr schnell kaputt gehen) gerne zu tun pflegen - sie womögich noch frech anzukläffen.

Da wird nicht lange gefackelt und sie stürzt sich wie ein Berserker auf den bedauernswerten Hund welcher - falls noch möglich - im Glauben dem inkarnierten Teufel begegenet zu sein lauthals jaulend die Flucht ergreift.
Glücklicherweise lässt sie dank ihrem Sozialverhalten sofort von dem Opfer ab, sobald sich dieses ergibt und geht wieder ihrer bevorzugten Tätigkeit nach: die mannigfaltigen verlockenden Spuren abzuschnuppern und das Gras zu kosten.
Die bei dieser "Zurechtweisung" entstehenden Geräuschemissionen sind jedoch schon dazu angetan, die betreffenden Hundebesitzer vor Schreck erbleichen wenn nicht sogar in Schreikrämpfe und wildes Gefuchtel ausbrechen zu lassen.

Dalmatiner sind aber vom Wesen her sehr freundliche Hunde, aber auch sehr ungestüm.
Sie sind nur bedingt für Familien mit kleinen Kindern geeignet, da sie diesen gegenüber manchmal nicht sehr tolerant sind. Schliesslich haben die Dalmis einen unglaublichen Stolz und sind sich Ihrer historischen Rolle als "Sicherheitschefs" noch sehr bewusst - daher erwarten Sie auch von "rangniederen" Wesen (zu denen halt kleine Kinder und Welpen etc. nun mal gehören) - das Erweisen des nötigen Respekts und Abstands. Leider wissen kleine Kinder nichts von diesen Rollenspielen und laufen da schon Gefahr, in die Schranken verwiesen zu werden.
Natürlich kann man mit der Erziehung (welche in sehr konsequenter Weise bei Dalmatinern unabdingbar ist) sehr viel machen - denn Dalmatiner sind unglaublich clever - den Charakter eines Wesen zu ändern denke ich jedoch ist kaum möglich.

Dalmatiner sind stark, energisch und furchtlos. Leider haben sie aber auch soviel Charme - sie können dich locker um den Finger wickeln (man denke nur an das typische Dalmatinergrinsen) - dass man diese Eigenschaften zu leicht übersieht.
Bedingt auch durch ihre Vergangenheit sind sie eigentliche Laufhunde und brauchen unheimlich viel Bewegung. Vom Wesen her ähneln sie in meinen Augen eher einer Katze - ihnen fehlt das typisch "hündische" unterwürfige Wesen, was die Erziehung natürlich auch nicht gerade vereinfacht. Dalmatiner können nicht in der Weise "gedrillt" werden wie das vielleicht bei einem Schäferhund möglich ist, hier muss man vielmehr mit Motivation arbeiten, obwohl es gerade bei einem Dalmatiner sehr wichtig ist, dass er sich in der hausinternen Rangordnung in der richtigen Stufe sieht.

Mit drei Filmen über diese süssen, knuddeligen Dalmatiner hat Disney ungewollt der Rasse sehr geschadet. Natürlich mache ich der Firma Disney keinen Vorwurf - es ist ihr Job, die Leute zu unterhalten, leider ist dadurch nun aber die Wahrnehmung der breite Masse von diesen Hunden eine ganz andere, als die Dalmatiner wirklich sind.
Das hat natürlich viele Enttäuschungen zur Folge, leider aber auch (gerade nach einem neuen Film) weltweit sehr viele heimatlose Dalmatiner und im besten Fall unzählige Dalmatiner mit gebrochenem Herzen in Tierheimen.

Drum: auch wenn die lieben Kleinen noch so gerne einen Dalmi haben möchten: bitte klärt genau ab, ob ein Dalmatiner wirklich der ideale Hund für Euch ist. Natürlich - sie sehen toll aus. Aber könnt ihr jeden Tag stundenlang (im Ernst) mit dem Tier laufen gehen? Schafft ihr es, mit dem doch sehr dominanten Wesen eines Dalmatiners umzugehen ohne den Hund "brechen" zu müssen?

In diesem Sinne möchte ich nochmals beteuern, dass Dalmatiner für erfahrene Hundehalter wirklich tolle und treue Hunde sind, aber sehr viel Zeit, Nerven und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und eben - ganz anders sind als sie in den Filmen dargestellt werden!